Der eine, der immer läuft….
„Der eine, der immer läuft“ – dieser Slogan ist mir auf Anhieb zu einem ganz besonderen Läufer eingefallen, der die Szene in den letzten 20 Jahren mit Sicherheit geprägt hat. Wolfgang Wallner war ein durchaus „Spätberufener“ was seine sportliche Laufbahn anbelangt, denn im Alter von 22 Jahren fand er seinen Weg zum Sport. Dafür ging es ab diesem Zeitpunkt im Eilzugstempo voran. Er begann mit Radfahren, aber nicht nur mit ein paar Kilometern, sondern gleich mit 20.000 Kilometer im Jahr. Und etwas zufällig kam er später dann auch zum Laufsport. Seither hat sich extrem viel getan – Wolfgang hat hunderte Läufe gewonnen, unzählige Landes- und Staatsmeistertitel geholt und zahlreiche Rekorde aufgestellt. Im November 2015 wurde er aber plötzlich aus der Bahn geworfen und konnte nicht mehr laufen, was auch seine Einstellung grundsätzlich änderte. Nicht ganz 2 Jahre später – am 17. September 2017 schreibt der Piestingtaler mit seinem Sieg beim Wachaumarathon ein kleines Märchen weiter…. Für mich eine tolle und auch emotionale Geschichte, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Deshalb habe ich diesen einzigartigen Sportler zum Interview gebeten!
Unverhofft kommt oft
Wolfgang, wie bist du überhaupt zum Laufsport gekommen?
„Im Herbst 1994 brauchte mein Schwager für die NÖ Landesmeisterschaften über 10.000 Meter in Amstetten einen Läufer, da ihnen einer ausgefallen war. Bis dahin bin ich noch keinen einzigen Meter gelaufen. Er hat mich überredet und ich bin die fürchterlichen 25 Runden auf der Bahn in der damals tollen Zeit von 36 Minuten gelaufen. Und ab diesem Bewerb habe ich gewusst, dies ist genau meine Sportart, oder aus heutiger Sicht gesagt mein Leben. Bereits im Frühjahr 1995 lief ich meinen ersten Marathon in einer Zeit von 3:14“
Hör auf dein Ohr
Du hast unglaublich tolle Erfolge gefeiert – Ende 2015 wurdest du dann aber plötzlich gestoppt – was ist passiert?
„Im November 2015 hatte ich auf einmal ein dumpfes Brummen im rechten Ohr, das nicht mehr wegging. Ich habe viele Ärzte aufgesucht, die mir aber nicht weiterhelfen konnten. Dann habe ich in meinen Körper hineingehört und geschaut, was mir guttut. Ich habe gemerkt, dass beim Überstrecken des Kopfes das Brummen leiser wird. Ich dachte, dass es vielleicht vom Laufen kommt und so bin von einem Tag auf den nächsten nichts mehr gelaufen. 2016 bin ich eigentlich fast nur mit dem Rad gefahren, was das Brummen sehr verringerte. Nach 1,5 Jahren war es zum Glück weg. Heute bin ich davon überzeugt, dass es nervlich war.“
Anfangs war es die Hölle
Als wahrer „Dauerläufer“ mit unglaublichen Umfängen konntest du plötzlich nicht mehr laufen – wie war diese Zwangspause für dich?
„Anfangs war es wirklich die Hölle für mich, da ich doch einen Umfang von rund 250 Kilometer pro Woche gelaufen bin. Ich habe mir einfach immer eine Beschäftigung gesucht und sehr viel Urlaub gemacht. Ablenkung war wirklich sehr wichtig für mich.
Wie hast du dich während dieser Pause fit gehalten?
„Wenn das Wetter passte, bin ich mit dem Rennrad tausende Kilometer gefahren. Bei Regen habe ich das Training auf die Walze verlegt.“
Wann hast du dann wieder mit dem Laufen begonnen?
„Im September 2016 bin ich kurz eingestiegen, da ich Kevin Wallner – dem ich einen Trainingsplan geschrieben habe – versprochen habe, dass ich mit ihm den Halbmarathon in der Wachau laufe. Danach bin ich noch meinen Heimat-Halbmarathon in Piesting gelaufen, dann war aber auch schon wieder Schluss.“
Äußerst emotionale Rückkehr
Vor zwei Wochen konntest du einmal mehr den Wachaumarathon gewinnen – ich habe deinen emotionalen Zieleinlauf selbst erlebt – wie hast du den Marathon erlebt?
„Ich bin ohne Erwartung in den Marathon gegangen, denn mit dem Training, was ich gemacht habe, läuft normal keiner einen Marathon. Es hat alles gegen mich gesprochen, sogar das kühle und regnerische Wetter. Es ist aber dann so toll gelaufen und ich habe mich so stark gefühlt, dass ich sogar kurzfristig an eine Zeit unter 02:30 dachte. Aber durch den Regen war es nicht möglich. Beim Zieleinlauf lief mir kalt über den Rücken. So etwas vergisst man nicht so schnell.“
Dennoch war nicht alles eitel Wonne für dich – warum eigentlich?
„Was mir ein wenig wehgetan hat, dass mich viele als Schwindler bezeichnet haben, da ich ihnen ja gesagt habe, dass ich eigentlich nicht wirklich für den Marathon trainiert habe. Eine so eine Zeit kann man ohne Training nicht laufen, hörte ich dann nicht nur ein Mal. Ich glaube, dass mein Körper nach 22 Jahren sehr hartem Training noch immer weiß, wie es geht.“
Einstellung hat sich geändert
Welchen Stellenwert hat der bereits unglaubliche 5. Sieg beim Wachaumarathon für dich?
„Dieser hat einen sehr hohen Stellenwert für mich. Erstens die Rückkehr nach langer Pause, dann der NÖ-Landesmeistertitel und obendrein auch noch ein neuer Österreichischer Rekord in der Altersklasse M50. Somit war der Wachaumarathon 2017 definitiv etwas ganz Besonderes für mich!“
Hat sich bei dir durch diese Auszeit was an deiner Einstellung geändert?
„Ja sehr viel. Ich bin nach ein paar Monaten in mein Pokalzimmer gegangen und habe mir meine 1.000 Pokale oder mehr lange angesehen und dabei alles Revue passieren lassen. Da ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass das Brummen nervlich war, vielleicht auch ausgelöst durch die vielen Wettkämpfe, die auch Stress bedeuten. Da dachte ich mir, wem muss ich noch etwas beweisen. Ich bin 3x Staatsmeister, x-mal Landesmeister, Österreichischer Rekordhalter im 6 Stundenlauf, halte alle Rekorde in der M50, habe hunderte Läufe gewonnen und und und…….. Wichtig ist für mich, dass man gesund ist und Freude mit dem hat, was man hat und ist.“
Wie sieht nun dein Trainingsalltag aus bzw. wie geht es weiter?
„Mein Trainingsalltag sieht so aus, dass ich jeden Tag etwas mache. Radfahren, Laufen und Berglaufen mit unserem jungen Hund. Aber alles ohne Zeit. Ich werde sicher nach wie vor einige Wettkämpfe bestreiten, und freue mich, wenn es gut läuft – wenn nicht, bin ich aber nicht enttäuscht. Ich glaube diese Lockerheit ist zurzeit mein Schlüssel zum Erfolg.“
Ich wünsche dem äußerst sympathischen und tollen Sportlern jedenfalls alles Gute für die Zukunft – und möge er noch lange lange viel Spaß am Laufen haben!